Melges24: White Room
Harte Arbeit und rauer Ton an Bord - Tutzinger Familienboot White Room belohnt sich mit historischem Titel für intensiven Einsatz
Nach der Regatta mit der White Room gerät der interne Friede in Gefahr. „Die größte Diskussion, die wir haben, ist, ob es auf dem Rückweg zu McDonald’s geht“, verrät Michael Tarabochia. Der Stopp beim Fast-Food-Laden ist für den Tutzinger Bootseigner immer ein geschmacklicher Graus. Auch wenn der Rechtsanwalt in Gourmetfragen mit seinen flammenden Plädoyers regelmäßig ins Leere läuft, zu formidablen Seglern hat er die Besatzung der White Room in den vergangenen Jahren schon geformt. Heuer gewann das Team aus dem Deutschen Touring Yacht- Club zum ersten Mal die Gesamtwertung in der European Series der Melges24.
Der Triumph ist umso bemerkenswerter, weil die Amateure aus Tutzing selbst hoch dekorierte Profis hinter sich ließen und ganz nebenbei nationale Maßstäbe setzten. Noch nie war es einem Team aus Deutschland gelungen, die renommierte Serie zu gewinnen. „Das ist harte Arbeit“, sagt Tarabochia. „Da ist nichts, was einfach vom Himmel fällt.“ Es ist auch nicht seine Art, etwas dem Zufall zu überlassen, wenn er die Verantwortung übernimmt. Zusammen mit Norbert Wagner schliff er einst das Bundesliga- Team des DTYC zur nationa- len Nummer eins. Zweimal errangen die Tutzinger die Deutsche Meisterschaft, einmal die Champions League. Als das Erfolgsduo 2018 von seiner Aufgabe entbunden wurde, wurde das ehemalige Spitzenteam zum Mitläufer.
Inzwischen widmet sich Stratege Tarabochia seinem eigenen Projekt, das sich in der Szene zunehmend einen Namen macht. Das Schiff White Room, das von seinem
ersten Besitzer nach dem gleichnamigen Song von Eric Clapton benannt wurde, ist inzwischen zu einem Quali- tätsbegriff in der Melges24-Klasse geworden. Als Tarabochia vor fünf Jahren seine Kampagne begann, war der Erfolg noch nicht abzusehen. Aber die Parameter passten. „Zunächst muss das ganze Umfeld stimmen“, erklärt der Bootseigner. Das beginnt bei der Ausrüstung und hört bei der Logistik auf. Schließlich will das Team bei den Regatten rechtzeitig ankommen und gut untergebracht sein. Tarabochia bewies auch ein glückliches Händchen bei der Zusammenstellung seiner Crew. Dazu gehören seine beiden Söhne. Luis steuert das Boot, Marco verdingt sich als Trimmer. Der Jüngste an Bord ist unersetzbar für das Team. „Er ist die absolute Konstante“, lobt ihn sein Vater. „Er macht praktisch keine Fehler.“ Obwohl man in der Szene von einem Familienboot spricht, sind auch die beiden weiteren Besatzungsmitglie der wichtige Bestandteile der Mannschaft. Sebastian Bühler segelt schon lange mit Michael Tarabochia und hat sich als Taktiker profiliert. Die sportliche Laufbahn von Marvin Frisch verfolgt der Bootseigner seit der Zeit im Optimist. „Er ist eine echte Verstärkung“, sagt er über den Skipper aus dem Württembergischen Yacht-Club, der seit diesem Jahr dabei ist.
Allein die individuelle Klasse macht noch kein Spitzenteam. „Die Jungs haben eingesehen, dass es nicht einzeln, sondern nur gemeinsam geht“, stellt Tarabochia klar. Auch wenn er sich als mäßigend auftretenden Vermittler sieht, die allgemeine Ansprache der Crew ist so rau wie die See. „Da wird schon hart kritisiert“, so Tarabochia. „Da muss man schon schlucken, aber nur so geht es voran.“ Obwohl die Crew als Titelverteidiger in die kommende Saison geht, lautet das Ziel, an der eigenen Qualität zu feilen, denn die Konkurrenz schläft nicht. Tarabochia: „Das sind alles keine Schnarchzapfen, die da unterwegs sind.“ Er selbst könnte der erste sein, der über Bord geht, falls das Boot noch wettbewerbsfähiger werden soll. Auch heuer steht an Weihnachten ein klärendes Gespräch mit seinen Söhnen an. „Jungs, wollt ihr noch mit eurem alten Vater?“, wird Tarabochia wie immer fragen. Und wie immer werden sie nicht nein sagen. Und das nicht nur, weil einer bei McDonald’s bezahlen muss.
VON CHRISTIAN HEINRICH - Münchner Merkur 11. November 2020
Harte Arbeit und rauer Ton an Bord - Tutzinger Familienboot White Room belohnt sich mit historischem Titel für intensiven Einsatz
Nach der Regatta mit der White Room gerät der interne Friede in Gefahr. „Die größte Diskussion, die wir haben, ist, ob es auf dem Rückweg zu McDonald’s geht“, verrät Michael Tarabochia. Der Stopp beim Fast-Food-Laden ist für den Tutzinger Bootseigner immer ein geschmacklicher Graus. Auch wenn der Rechtsanwalt in Gourmetfragen mit seinen flammenden Plädoyers regelmäßig ins Leere läuft, zu formidablen Seglern hat er die Besatzung der White Room in den vergangenen Jahren schon geformt. Heuer gewann das Team zum ersten Mal die Gesamtwertung in der European Series der Melges24.
Der Triumph ist umso bemerkenswerter, weil die Amateure aus Tutzing selbst hoch dekorierte Profis hinter sich ließen und ganz nebenbei nationale Maßstäbe setzten. Noch nie war es einem Team aus Deutschland gelungen, die renommierte Serie zu gewinnen. „Das ist harte Arbeit“, sagt Tarabochia. „Da ist nichts, was einfach vom Himmel fällt.“ Es ist auch nicht seine Art, etwas dem Zufall zu überlassen, wenn er die Verantwortung übernimmt. Zusammen mit Norbert Wagner schliff er einst das Bundesliga- Team zur nationalen Nummer eins. Zweimal errangen die Tutzinger die Deutsche Meisterschaft, einmal die Champions League. Als das Erfolgsduo 2018 von seiner Aufgabe entbunden wurde, wurde das ehemalige Spitzenteam zum Mitläufer.
Inzwischen widmet sich Stratege Tarabochia seinem eigenen Projekt, das sich in der Szene zunehmend einen Namen macht. Das Schiff White Room, das von seinem
ersten Besitzer nach dem gleichnamigen Song von Eric Clapton benannt wurde, ist inzwischen zu einem Qualitätsbegriff in der Melges24-Klasse geworden. Als Tarabochia vor fünf Jahren seine Kampagne begann, war der Erfolg noch nicht abzusehen. Aber die Parameter passten. „Zunächst muss das ganze Umfeld stimmen“, erklärt der Bootseigner. Das beginnt bei der Ausrüstung und hört bei der Logistik auf. Schließlich will das Team bei den Regatten rechtzeitig ankommen und gut untergebracht sein. Tarabochia bewies auch ein glückliches Händchen bei der Zusammenstellung seiner Crew. Dazu gehören seine beiden Söhne. Luis steuert das Boot, Marco verdingt sich als Trimmer. Der Jüngste an Bord ist unersetzbar für das Team. „Er ist die absolute Konstante“, lobt ihn sein Vater. „Er macht praktisch keine Fehler.“ Obwohl man in der Szene von einem Familienboot spricht, sind auch die beiden weiteren Besatzungsmitglie der wichtige Bestandteile der Mannschaft. Sebastian Bühler segelt schon lange mit Michael Tarabochia und hat sich als Taktiker profiliert. Die sportliche Laufbahn von Marvin Frisch verfolgt der Bootseigner seit der Zeit im Optimist. „Er ist eine echte Verstärkung“, sagt er über den Skipper aus dem Württembergischen Yacht-Club, der seit diesem Jahr dabei ist.
Allein die individuelle Klasse macht noch kein Spitzenteam. „Die Jungs haben eingesehen, dass es nicht einzeln, sondern nur gemeinsam geht“, stellt Tarabochia klar. Auch wenn er sich als mäßigend auftretenden Vermittler sieht, die allgemeine Ansprache der Crew ist so rau wie die See. „Da wird schon hart kritisiert“, so Tarabochia. „Da muss man schon schlucken, aber nur so geht es voran.“ Obwohl die Crew als Titelverteidiger in die kommende Saison geht, lautet das Ziel, an der eigenen Qualität zu feilen, denn die Konkurrenz schläft nicht. Tarabochia: „Das sind alles keine Schnarchzapfen, die da unterwegs sind.“ Er selbst könnte der erste sein, der über Bord geht, falls das Boot noch wettbewerbsfähiger werden soll. Auch heuer steht an Weihnachten ein klärendes Gespräch mit seinen Söhnen an. „Jungs, wollt ihr noch mit eurem alten Vater?“, wird Tarabochia wie immer fragen. Und wie immer werden sie nicht nein sagen. Und das nicht nur, weil einer bei McDonald’s bezahlen muss.
VON CHRISTIAN HEINRICH - Münchner Merkur 11. November 2020